Mittwoch, 3. August 2011

Das Auto, ein Rollstuhl

Im Zeitalter der Maschinen, ist keine derselben so prägend wie das Automobil. Die Maschine, als Innbegriff der Entfremdung und Beschleunigung, trennt den Menschen von seiner Umwelt und sich selbst. Die Maschine macht, was einst Aufgabe und Erfahrungsschatz des Menschen war. Der Verlust an Erfahrungsmöglichkeiten heißt Bequemlichkeit. Der Verlust an Umwelt heißt Beschleunigung. Lebt man Heute in vom Bombenkrieg und Fortschrittswahn verformten Metropolen, die Autogerecht zugerichtet den Menschen die Möglichkeit geben ihren Trieb zur dekadenten Bequemlichkeit aus zu leben, sticht die Herrschaft der Maschinen ins Auge wie nirgends sonst. Die Strasse, die einst öffentlicher Raum, Lebensraum war, in dem man sich relativ frei bewegen konnte, ist Heute den Bedürfnissen dieser Maschine gemäß reguliert.
Es Herrscht die Angst, die potentielle Gefahr unter die Räder zu kommen. Eine Angst die vom Auto ausgeht und durch das Auto bekämpft wird. Im Auto ist man sicher, im Kasten gefangen, im Kasten geschützt. Außerhalb ist man in Gefahr, hat sich an Regeln zu halten, von grünen und roten Lämpchen bevormunden zu lassen.
Die Strasse ist verkalkt: Links und rechts reihen sich die stehenden Maschinen aneinander und bilden schwer durchdringbare Barrieren, quetschen die Fußgänger in vollgeschissene Gassen und machen den Lebensraum Strasse zum Parkplatz. Was ein herrlicher Lebensraum ist der Parkplatz, anregend, vielseitig, kindgerecht. Ein Platz zum Wohlfühlen.
Die Masse an Autos ist Symptom und Mitursache des kapitalistisch erzogenen Menschen, des Egoisten. Auf sich zurückgeworfen, vereinzelt und zugleich mit einer nie dagewesenen inneren Leere konfrontiert, ist das einzige was ihm bleibt die Angst, die Angst vor den Anderen. Der Fluchtmechanismus den diese Angst injiziert, treibt den Menschen in die Maschine und gibt ihm Macht Gefahr auszustrahlen. Der Kreis schließt sich. Der Aspekt der Mobilität ist längst ins Absurde abgerutscht, beobachtet man diese selbstgefälligen Opfer Reih in Reih im Stau stehen. Für jeden Meter den es „voran“ geht wird mächtig aufs Gas getreten, um wenigstens die Imagination von kraftvoller Bewegung zu erzeugen. Dieses Gefühl der Kraft, die eine Maschinenkraft ist und nichts mit der Eigenen zu tun hat, ist es dann auch was den Reiz ausmacht. Die kleine Seele sitzt in seinen beheizten Sessel mit entertainment Geräten umgeben, bewegt seinen Fuß ein klein wenig und die Post geht ab (für wenige Meter). Eine behinderte Seele kompensiert, wie es sich im Kommerzgesellschaften gehört, mit der Maschine.
Jene Gesellschaft braucht solche Menschen, vereinzelt, verängstig, konsumierend die innere Leere abwehrend. Konsumtempel sind Orte der Anbetung und auf’s Auto zugeschnitten. Belade deine Karre mit dem Müll des Überflusses, denn tragen könnte das keiner mehr, was diese Leere füllen soll. Das Auto in seiner Masse ist das Symbol des dekadent verkommenen Kapitalismus und seiner amputierten Seelen. Dieser Rollstuhl ist Prothese und Knochensäge zugleich.

Freitag, 13. Mai 2011

Kapitalismus, ein Komplex

Komplexe zeichnen sich dadurch aus, dass tief vergrabene, verinnerlichte Störungen des Selbstwertes kompensiert werden müssen. Das System Kapitalismus ist ein kollektiver Komplex, der vielen Menschen Selbstwertstörungen beibringt und gleichzeitig Kompensation bietet. Die Kompensation lässt sich kurz mit Gier beschreiben, Gier nach Macht, Prestige, Anerkennung. Solche Attribute werden allerdings nur scheinbar, äußerlich bedient, da diese in Wahrheit innerliche Attribute sind, die sich aus gesundem Selbstwert selbst erzeugen.
Der Komplex Kapitalismus wird also durch den äußeren Schein, die Fassade kompensiert. Ein glänzender Materialismus, der solange trägt, wie er Anerkennung im sozialen Bezug erzeugt. Nur solange kompensiert er und erhält den Komplex als geheime Motivation am Leben.
Das Wachstum des Komplexes durch erlernen der Kompensation im System, führt, aufgrund seiner materialistischen Fixierung, an physische Grenzen. Solche Grenzen werden zunächst durch wachsende Ungleichheit ausgeglichen, wobei der Finanzkapitalismus die nötigen Mechanismen (Zins/ Renditewirtschaft) bereit hält. Der Ausschluss von immer mehr Menschen von den Kompensationsmechanismen provoziert das Aufsteigen des Minderwertigkeitskomplexes ins Bewusstsein Vieler, die nun in den gängigen zwei Arten reagieren. Abwehr durch Flucht, Resignation und Apathie oder Abwehr durch Angriff, Aggression und Kampf.
Der Punkt der Bewusstwerdung des Komplexes erzeugt diverse Alternativen. In der kämpfenden Abwehr entsteht ein aus sich selbst heraus tragfähiges Selbstwertgefühl und aus der flüchtenden eine morbide Melancholie, die die Dynamik (Engagement, Vermehrung etc.) des Systems hemmt und suizidale Züge trägt.
Ein von Haus aus gesundes Selbstwertgefühl erkennt dieses Ränkespiel des kollektiven Komplexes, hat aber dennoch mit der Penetranz der Kompensation und der Penetranz der Komplexträger zu kämpfen. Er ist aber der Keim eines Auswegs, der nicht in Krematorien und Gulags führt. Der gesunde Mensch lebt der Natur gemäß, begreift sich als Teil einer lebenden Welt, akzeptiert sein Ende wie er seine Geburt akzeptierte, schaut in den Spiegel nicht um seine glänzende Fassade zu überprüfen oder zu bewundern, sondern sein Innerstes zu erkennen. Erkennt er die Natur, dann erkennt er seine Natur, erkennt seine Komplexe, seine Kompensation, seine Seele. Welch schaudern diese Erkenntnis doch ist!

Mittwoch, 9. Dezember 2009

geprobter Mut

Vom geprobten Mut

Mut als Gefühl beherrscht den Verzweifelten ab einer Grenze, der Grenze des Ertragbaren. Erträglich wird die Verzweiflung durch den Mut und die Handlungen, die er erzwingt, die ihn auf die Probe stellen. Mut braucht die Verzweiflung, wie die Verzweiflung den Mut.
Unsere entmenschlichte Welt lässt verzweifeln, flüchten und resignieren. Wahrgenommen wird das nicht. Im Innern zernagt es den Menschen, jeden Menschen für sich, in seinem Innern. Ein Nagen bis zur Selbstaufgabe, zum Selbstmord des eigenen Willens und Wollens. Die Triebe bestimmen, diktieren und handeln, lassen das Bewusstsein, das Selbstbewusstsein betroffen zurück. Letztlich schreit es nach Wahrnehmung, nach Geltung, nach Mut und bricht aus, es kann nicht mehr Tier sein, muss Mensch werden.
Der Mensch, als Schaf oder Adler, als Opfer oder Täter, passiv oder aktiv, hat Mut. Freilich beweist das Schaf diesen weit mehr, wenn es sein Lamm vor den Attacken des Adlers verteidigt. Aber auch der Adler beweist Mut, wenn er sich anmaßt dieses Lamm als schwach zu identifizieren und zu richten. Was sich da abspielt ist ein ringen von Mut im Augenblick. Zeigt der Adler schwäche, erwacht der Mut des Opfers, bleibt er stark, wird die Herde den Verlust verkraften, vergessen und weiter grasen. Verzweifelter Mut verleugnet die Stärke des Täters. Selbstaufgabe ist der Preis, wie eine Selbstverbrennung raubt es den Aktiven die Aktion und macht ihn zum Opfer.
Schafe gibt es viele; kauen – kacken – kauen – plöken – kacken - u.s.f.. Der Adler muss sich nicht sorgen den Mut zur Anmaßung zu verlieren, solange die Selbstaufgabe geheim, im Innern bleibt und nicht ansteckt. Wer lässt sich schon anstecken von Selbstaufgabe, wenn man, von Bewunderung umrahmt, mit rosa Schleifchen durch die Herde stolziert? Kann man das aufgeben wollen? Können da die Kadaver am Rand der Herde schrecken? Eher schon das Verrutschen des Schleifchens.
Ich will den Rand der Herde sehen! Ich will sie ins Zentrum zerren! Ich will zeigen was der Adler anrichtet! Ich will Empörung! Ich will Hass und Entsetzen! Ich will den Blick zum Boden, zum Kadaver, das Verrutschen des Schleifchens beim senken des Hauptes!
Der Adler kann nicht anders…
Mut ist Handeln, laut Handeln, dass es nachhallt in den Ohren der Beobachter. Wüten müssen die Mutigen, keinen Raum für Zweifel lassen. Ent-schlossen sind die Mutigen und nicht wieder einzuschließen. Aktiv sind die Passiven, auf dass die Aktiven erstarren. Die Mutprobe unserer Zeit braucht Mutmacher, die ihren mutigen Schrei mit Feuer und Qualm vermischen. Schwarzer Qualm, riechend nach verbranntem Fleisch der Selbstaufgabe. Flammen versengen die Schwingen des Adlers, blenden seinen scharfen Blick. Er erkennt das Schwache nicht mehr, wenn das Starke verbrennt. Mutig, Mutig ihr Selbstlosen, Mitleidigen, rettet die Schafe und werdet zum Adler.

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Zuletzt aktualisiert: 7. Apr, 12:58

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